KATHARINA STADLER
THINKING ABOUT FEELING
13. SEPTEMBER–25. OKTOBER 2025
ERÖFFNUNG:
FREITAG, 12. SEPTEMBER 2025, 18–21 UHR
In kurzen, senkrechten Streifen wechseln sich ein leuchtendes Pink und ein strahlendes Violett mit verschiedenen Grüntonen ab und bilden ein längliches horizontales Band. Die Versatzstücke in Katharina Stadlers großformatiger Arbeit Play 2014 wirken für sich wie Ausschnitte aus einem ungewöhnlich gefärbten Regenbogen oder einem bunten Strichcode. Jedes Farbfeld ist individuell von der Malerin auf den Stoff aufgetragen, es gibt Überlappungen und kleine Leerstellen, die den Betrachtenden deutlich machen wollen, dass sie von menschlicher Hand geschaffen sind, dass es hier nicht um saubere, gerade Linien geht. Katharina Stadler schichtet mehrere dieser gestreiften Stoffbänder übereinander und führt sie mit schiefen, manchmal geradezu kurvigen Nähten zusammen; ein physischer Akt, der die Objekthaftigkeit des sogenannten Bildträgers vor Augen führt. Die versetzt vernähten Farbflächen formen ein eigenwilliges Muster, das fast ein bisschen zu wanken scheint und an eine Verwacklung denken lässt - pinke und violette Wege, die im Grün hin- und herspringen. Ertappt fühlt man sich fast, wenn man bemerkt, dass das eigene Gehirn immer wieder die vermeintliche Perfektion sucht. Fast tröstlich erscheint es da, dass es einen Textilrahmen gibt, mit dem die Künstlerin ihre Farbfelder einnäht und so auf einfühlsame Weise zu bändigen scheint, eine Balance zwischen Ordnung und Irritation schafft.
Mit ihrem Titel Thinking about Feeling verweist Katharina Stadler auf die oft ganz selbstverständlich erscheinende Dualität der zwei wohl komplexesten und in ihrer Erschließung herausforderndsten Fähigkeiten des Menschen: dem Denken und dem Fühlen, Kopf und Bauch. Vermeintlich steht das Gefühl dabei für das Chaotische, Unberechenbare, das Denken wiederum wird meist mit dem Gegenteil verbunden. Aber stimmt das auch?
Zur Sichtbarmachung ihrer Erfahrungen, Erinnerungen und Überlegungen findet die Künstlerin in Farben, Silhouetten und neuerdings immer wieder auch in gestischen Strichen ihre Ausdrucksmittel – Form follows Feeling. Die Grenzen des unterbewusst Entstandenen hin zum absichtsvoll Gelenkten scheinen dabei zu verschwimmen. Gefühl und Gedanke, so wirkt es, manifestieren sich und bilden ein gemeinsames, dynamisches Ganzes. Farbflächen und Pinselspuren verflechten, durchdringen und überlagern sich, hören in einem Bildteil auf, nur um im nächsten oder übernächsten noch einmal anders zu beginnen. Der intuitive Tanz der Farben erstreckt sich in Werken wie Poor Pigeon oder Watching the Sky Fall Apart über große Bildpartien. Der Rahmen aber bleibt, hüllt das lebendige, oft vielteilige Innere ein wie eine zähmende und schützende Hautschicht.
Ohne den eigentlichen Hintergrund zu kennen, erhalten die Betrachtenden durch die Farbgebung und Pinselführung der abstrakt bemalten Stoffstücke ein Gefühl für die Stimmungen, emotionalen Aufladungen und gedanklichen Regungen, die sich in den Bildern spiegeln. Mal mehr, mal weniger entsteht durch Schattierungen, Kontraste und Flächen ein Bildraum mit einer spezifischen Tiefe, die zur Kontemplation einlädt. Mit symbolischem Potential fordern die Werke zum Nachdenken über Grenzen und Endlichkeiten auf. Immer wieder kann man dabei neu beginnen, ohne das bereits Erkannte verwerfen zu müssen. (iw)
Katharina Stadler ist 1995 in Oberhausen geboren und lebt in Düsseldorf. Ab 2014 hat sie an der Kunstakademie Düsseldorf studiert, zuerst Freie Kunst bei Prof. Andreas Gursky, dann Malerei bei Prof. Thomas Scheibitz. 2021 schloss sie als Meisterschülerin von Prof. Thomas Scheibitz ab. Katharina Stadler war bereits 2020 in der kuratierten Ausstellung Academy POSITIONS auf der POSITIONS Berlin Art Fair vertreten. Mit vier weiteren Positionen der Klasse von Prof. Thomas Scheibitz wurden ihre Arbeiten 2022 in der Gruppenausstellung Accurate Glitch und 2023 in der Einzelausstellung HAPPY-GO-LUCKY bei Jarmuschek + Partner sowie beim salondergegenwart in Hamburg präsentiert. 2025 zeigte der Kunstverein Ars Sacrow ihre Werke in der viel beachteten Ausstellung Gegen den Strich–Die Generation Z in der Kunst (kuratiert von Michael Thoss und Dr. Dietmar Peikert).