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SABINE BANOVIC

SABINE BANOVIC
MODULAR TOTEM

17. Dezember 2016–11. Februar 2017
Eröffnung: 16. Dezember 2016, 18–21 Uhr

 

Fluxionapolis, 2016, Tusche und Marker auf Papier, 178,5 x 107 cm

 

Die schwarzweißen Zeichnungen der in Berlin lebenden Künstlerin Sabine Banovic balancieren stets auf dem feinen Grat zwischen bewusst Undefiniertem und assoziativ Gegenständlichem. Im Nebeneinander tiefdunkler, organisch wuchernder Farbverläufe und filigraner Strukturen aus präzise gesetzten Linien entstehen starke Kontraste und kraftvolle Dynamik. Jenseits einer Sicherheit über die Bedeutung des Gesehenen, findet sich der Betrachtende unmittelbar in einen Zustand des kontemplativen Nachdenkens, des Assoziierens und Entschlüsselns versetzt. 

Mit ihren aktuellen Arbeiten erweitert Sabine Banovic erneut ihr technisches Spektrum. Neben Klecksografien und zeichnerischen Elementen auf Papier und Leinwand bestimmen geometrische Faltungen, Druckverfahren und chemische Prozesse die Beschaffenheit ihrer Bilder mit. Der improvisatorische Umgang mit Zufallsereignissen und die zeichnerische Zähmung des Entstehenden sind dabei die Schlüssel zu einer poetischen Bildformulierung, die als Teil eines stetigen kreativen Flusses wiederum in eine nächste mündet. Aktion und Reaktion wechseln sich im Entstehungsprozess somit ab, erfordern die gelassene Souveränität der Künstlerin ebenso wie ihren Mut zum Experiment. Im Moment des Zeichnens lässt ihre Hand auch den Prozess des Denkens selbst sichtbar werden.

Wie zwei Pole verkörpern die beiden größten Arbeiten der Ausstellung jene Gegensätze, die in fast allen Zeichnungen von Sabine Banovic im wechselseitigen Spannungsverhältnis stehen: Fünf übereinander gesetzte Bilder, die einzeln an Faltblätter à la Rorschach erinnern, fügen sich als „Modular Totem“ wie der bildgewordene Schatten eines skulptural verzierten Pfahls zusammen. Entgegen der deterministischen Vorstellung eines Totems sind diese Elemente sowohl in der Anordnung beweglich als auch in der psychologischen Ausdeutung. Ihre symmetrischen Farbkleckse wirken auf den Betrachtenden, als seien sie einem geheimen Plan, einer verborgenen Bedeutung verpflichtet, die es individuell zu entdecken gilt. Die Spiegelung des Betrachters in den Bildern vermag ihn auch hier zu neuen Fragen über die eigene Persönlichkeit und zu solchen der Möglichkeiten der Ergründung von Individualität und Identität überhaupt führen. 

Daran anknüpfend bildet in „Virgin Territory“ ein weitläufiges Geflecht aus Seilen und tropfenförmigen Gewichten das perspektivische Gerüst eines Raumes. Verblüffend wenige und einfache Mittel nutzt Sabine Banovic für diese radikal reduzierte, wandfüllende Installation, die auch angesichts der Präsenz der hier wirkenden physikalischen Kräfte die Balance zwischen Spannung und Entspannung, Schwere und Leichtigkeit auf die Spitze treibt. 

Lange kann der Betrachter vor Sabine Banovics Werken verweilen und immer neue Assoziationen, Gedanken und Projektionen finden, die sich gegenseitig bedingen, ausschließen oder einfach koexistieren. Oft reichen die Bilder weit über Material, Rahmen und Ränder hinaus, können unendlich fortgeführt und weitergedacht werden. Changierend zwischen Chaos und Ordnung, Vergänglichkeit und Beständigkeit, sind sie dem suchenden Betrachter Landschaft, Körper, Bewegung oder Klangbild – und mitunter all dieses zugleich.

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